von Corona » So 29. Mär 2009, 16:50
Leider hast du tatsächlich außergewöhnlich viele Probleme beim Umstieg auf die neue Hardware- und Softwaregeneration erfahren und daher allemal genügend Grund zur Klage. Ich möchte hier trotzdem die Gelegenheit nutzen und ein paar Gedanken zum Thema Betriebssysteme formulieren.
Beginnen möchte ich mit dem bisher in diesem Thema dominanten Kritikpunkt an Windows Vista, nämlich die Fehlerhäufigkeit und mangelnde Kompatibilität. Tatsächlich war Windows Vista im Auslieferzustand eigentlich nicht für den Verkauf und den Einsatz in Kunden-PCs tauglich. Vor allem Performance-Probleme und häufige, unerklärliche Abstürze trieben viele Leute, darunter auch mich, in den Wahnsinn. Erst nachfolgende Updates und speziell das Service Pack 1 konnten die Probleme ausmerzen oder zumindest mildern. Das ist aus der Sicht eines (zahlenden!) Kunden natürlich eine Frechheit, die sich nur ein Monopolist wie Microsoft erlauben kann.
Andererseits ist die Situation, dass ein neues Betriebssystem noch fehlerbehaftet auf den Markt kommt, zwar eine ausgesprochen unerfreuliche, aber bei weitem keine neue. Auch das mittlerweile ausgereifte und allgemein hin akzeptierte Windows XP war in der Ursprungsversion vom Fehlerteufel heimgesucht und strotzte nur so von Problemen, und an ältere Windows-Versionen denke ich heute generell nur mehr mit Schaudern zurück, wenn ich die Produktqualität in Betracht ziehe.
Aus meiner Sicht ist es jedoch nur eine gewisse Teilschuld von Microsoft, dass neue Betriebssysteme mit zahlreichen Problemen zu kämpfen haben. Ich arbeite selbst in der Software-Entwicklung und weiß daher genau, wie komplex Programme heutzutage aufgebaut sind, und wie vielfältig die Fehlereinflussmöglichkeiten daher geworden sind. Ich halte es daher für unmöglich, dass ein derart umfangreiches Softwarepaket wie es eine neue Windows-Version darstellt, von Beginn an annähernd fehlerfrei auf den Markt kommt. Das soll jedoch keinesfalls die Versäumnisse von Microsoft entschuldigen, die sich die Firma zweifelsohne zuschulden kommen lassen hat. Es wurden nämlich auch offensichtlich vorhandene Mängel nicht vor dem Release behoben, und die aus meiner Sicht enorm wichtige Response Time, also die Reaktionszeit auf entdeckte Fehler, ist meiner Meinung nach viel zu hoch, denn selbst sicherheitskritische Lücken wurden oft erst Monate nach der Entdeckung behoben.
Wenn man aber Fehler und Probleme kritisiert, so sollte man zunächst festhalten, wer tatsächlich für die aufgetretenen Schwierigkeiten verantwortlich ist. Ich habe nämlich selbst zahlreiche Fehlerfälle analysiert und bin zu dem Schluss gekommen, dass oftmals nicht das Betriebssystem die Schuld trägt, sondern mangelhafte Treiber oder schlecht konzipierte Software (auch von namhaften Herstellern!) für Probleme sorgen. Das war im Besonderen eben beim Release von Windows Vista der Fall; obwohl das Betriebssystem schon seit Ende 2006 erhältlich ist, hat es beispielsweise Creative jahrelang nicht geschafft, fehlerfreie Treiber zu veröffentlichen; Gleiches könnte man auch NVIDIA und ATI zu Lasten legen, deren bugverseuchte Treiber zu Beginn des Produktlebenszyklus von Windows Vista den Kunden die Zornesröte ins Gesicht getrieben haben. Hier sind eindeutig auch die Hard- und Software-Hersteller in die Pflicht zu nehmen, die ihre Produkte auch an die installierte Basis anzupassen haben, und nicht umgekehrt. Das betrifft leider auch eines unserer Lieblingsprogramme, nämlich X-Fire, das mit Windows Vista (speziell in der 64-Bit-Variante) immer noch nicht klaglos zusammenarbeitet, und das 3 Jahre nach Erscheinen des Betriebssystems! Erst vor kurzem wurde etwa der Fehler behoben, dass unter Vista 64 Bit die automatische AFK-Meldung nicht funktioniert - hier haben eindeutig die Entwickler geschlafen.
Ein weiteres Sorgenkind ist die von Heineken ebenfalls vollkommen zu Recht kritisierte Benutzerkontensteuerung. Hier wurde ein aus sicherheitstechnischen Aspekten vollkommen zu begrüßendes Konzept, nämlich das Ausführen von Prozessen mit den niedrigsten dafür notwendigen Rechten, durch eine mangelhafte Umsetzung (für gewisse Operationen muss man bis zu 4x die Durchführung bestätigen, manche Programme lassen sich generell nicht mit aktivierter Benutzerkontensteuerung installieren oder fehlerfrei betreiben) ad absurdum geführt. Daher haben viele Benutzer, darunter auch Heineken und ich, diese an sich sinnvolle Neuerung nicht nutzen können. Doch auch hier trägt Microsoft nicht die alleinige, wenn auch die Haupt-Schuld an der Misere; noch immer (!) gibt es zu viele Programme und Spiele, die für den gewöhnlichen Betrieb (nicht nur für die Installation, wo es etwa noch verständlich wäre) die vollen Administratorenrechte benötigen, was aus heutiger Sicht einfach nicht mehr notwendig ist. Hier bleibt nur zu hoffen, dass einerseits die Benutzerkontensteuerung an sich geeignet verbessert und an den Benutzer angepasst wird, und dass andererseits neu erscheinende Programme sich auch an vernünftige Sicherheitskonzepte halten.
Für den Anwender ergibt sich daher eine einfache Lehre, die Heineken schon formuliert hat: Wenn man Wert auf ein möglichst zuverlässig funktionierendes System legt, sollte man tunlichst mit dem Umstieg auf ein neues Betriebssystem abwarten, bis die ersten Patches erschienen sind - als Faustregel hat es sich bisher bewährt, mindestens ein Service Pack abzuwarten, bevor man auf ein neues Betriebssystem wechselt. Hat man ein erhöhtes Stabilitätsbedürfnis, sollte man sich noch länger Zeit lassen; nur zur Illustration: in unserer Firma wurde gerade der Umstieg von Windows 2000 auf Windows XP vollzogen, von Windows Vista ist also noch gar keine Rede, da von Seiten der Administratoren abgewartet werden muss, bis ein Betriebssystem wirklich bis ins Letzte ausgereift ist, bevor es flächendeckend eingesetzt werden kann.
Zum Abschluss möchte ich noch kurz auf das häufig diskutierte Thema eingehen, ob sich der Wechsel auf Windows Vista (oder generell auf ein neues Betriebssystem) überhaupt lohnt. Als Antwort darauf möchte ich zum Einen eine meiner eigenen Thesen angeben, nämlich, dass es für jeden Computer genau eine optimal geeignete Windows-Version gibt. Ich würde beispielsweise nicht auf die Idee kommen, auf meinen älteren Rechnern Windows Vista zu installieren, aus Gründen der Kompatibilität zu älterer Hardware, der Verfügbarkeit von Treibern sowie aufgrund der zu geringen Rechenleistung. Andererseits würde zu meinem aktuellen Rechner auch kein Windows XP mehr passen (auch wenn man es theoretisch installieren kann), schließlich ist das etablierte Betriebssystem schon 8 Jahre alt und kann daher aktuelle Hardware kaum mehr optimal unterstützen - ich denke hier an den auf max. 4 GByte begrenzten Speicherausbau aufgrund der 32-Bit-Architektur oder die Unterstützung von RAID-Controllern und damit des Ausbaus der Festplattenkapazität.
Features wie die Benutzeroberfläche sind sowieso Geschmackssache und auch relativ gut konfigurierbar, wenn auch nur sehr umständlich. Hier ist es also sehr schwer möglich, eine sachlich fundierte Aussage zu treffen, welches der Windows-Betriebssysteme hier die Nase vorn hat. Generell finde ich es in meiner Rolle als fortgeschrittener und technisch interessierter Benutzer schade, dass viele sinnvolle und wichtige Funktionen nur über versteckte Pfade bedient und konfiguriert werden können.
Ich hoffe, mit diesem kurzen Artikel auf die komplexe Situation bei Betriebssysteme hinzuweisen und gleichzeitig die Versäumnisse aller Beteiligten beleuchten zu können. Was denkt ihr darüber?
Euer Corona.
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